Ein Leben für den Motosport: Robert Grogg Im Interview
Robert,herzliche Gratulation zum 75. Geburtstag! Wie geht es dir?
Danke, es geht aufwärts! Ich unterzog mich vor Kurzem einer dringend notwendigen Operation an beiden Knien.
Du warst einer der weltbesten und erfolgreichstenSeitenwagen-Motocrossfahrer aller Zeiten und der grosse Dominator der1970er-Jahre. Was waren deine grössten sportlichen Erfolge?
Sicher die 5 Europameistertitel. Das war damals die höchste Kategorie, eine Weltmeisterschaft gab es erst zum Ende meiner Karriere. Meine grössten Erfolge feierte ich mit Passagier Andreas Hüsser. Er war definitiv mein bester Partner.
Und welches war dein schönster Karriere-Moment?
Der erste EM-Titel war schon etwas ganz Besonderes. Auch weil wir nach dem Titelgewinn von der Musikgesellschaft Deitingen empfangen wurden und mir nebst dem kantonalen Sportpreis auch das Deitinger Bürgerrecht verliehen wurde. Aber als Karriere-Highlight würde ich den US-Meistertitel von 1974 bezeichnen. Wir dominierten die Konkurrenz und gewannen dort 5 von 6 Rennen! Ohne technische Probleme hätten wir auch das 6. Rennen gewonnen.
Deine grössten Erfolge feiertest du, wie gesagt, mit Andreas Hüsser. Ist daraus eine Freundschaft fürs Leben entstanden? Habt ihr heute noch Kontakt?
Ja, wir sind durch den Sport richtige Kollegen geworden und sind es bis heute geblieben. Wir treffen uns regelmässig gemeinsam mit unseren Frauen, manchmal sehr spontan, und haben eine gute Zeit zusammen.
Wie muss man sich den Renntag und die Tage davor und danach vorstellen? Wie lief das damals ab?
Wir sind jeweils am Freitagmittag zum Rennort aufgebrochen. Am Samstag war jeweils Training auf der Rennstrecke, offizielle und freie Trainings. Vor dem Rennen vom Sonntag fand immer eine Töff- undMaterialkontrolle statt. Meistens war ich ohne Mechaniker unterwegs und musste meine Maschine selber «zwäg» machen. Es fanden jeweils 2 bis 3 Rennläufe statt und danach die Siegerehrung, bevor man wieder die Heimreise antreten konnte. So kamen wir am Sonntag meistens sehr spät nach Hause und am Montag früh ging es wieder los zur Arbeit. Da ich immer 100 % arbeitete, war ich rundum sehr beschäftigt und ausgefüllt. Ich trainierte täglich für meine Fitness, oftmals mit Rolf Biland, und dazwischen musste ich meinen Töff parat machen. Ohne die grosse Unterstützung meiner Frau Esther und meiner Arbeitgeber hätte ich nicht alles unter einen Hut gebracht!
Wie bist du zum Motocross-Sport gekommen? Wie wurde dein Feuer dafür entfacht?
Ich war schon damals als Jugendlicher motorradbegeistert. Bereits als 16-Jähriger half ich dem damaligen Motocrossfahrer Markus Studer im Schachen bei Reinigungs- und Reparaturarbeiten. Daraufhin kaufte ich Markus eine Maschine ab und war so fasziniert, dass ich selber an den Start ging. So begann ich 1965 als 17-Jähriger als Solofahrer und wurde 1966 Schweizermeister. Ab 1971 fuhr ich dann in der Seitenwagenkategorie.
Wie hat sich der Motocross- Sport seit deinem Karriere-Ende verändert?
Es ist definitiv nicht mehr das Gleiche. Es finden sich leider kaum noch Rennorganisatoren, weshalb in der Schweiz fast keine Rennen mehr stattfinden. Wir hatten noch 30 bis 35 Rennen pro Saison.
1984 hast du deine sehr erfolgreiche Aktivkarriere im Alter von 36 Jahren beendet. Hättest du nicht noch weiterfahren können oder wollen?
Kurz vor meinem Karriereende gab es erstmals eine Weltmeisterschaft, die Andy Hüsser und ich unbedingt gewinnen wollten. Wir waren anfangs Saison in absoluter Topform. Leider hatten wir einen schweren Sturz, den wir uns bis heute nicht erklären können. Dabei erlitt ich zahlreiche Knochenbrüche und danach ging es nicht mehr. Ich war immer sehr ehrgeizig und ein Perfektionist, aber vermutlich war ich im Unterbewusstsein gedanklich bereits mehr bei meinem 1980 eröffneten Geschäft.
So wurde das eigene Motorradgeschäft im Schachen zu deinem beruflichen Lebensinhalt.
Ja, meine Frau und ich wagten den Schritt in die Selbstständigkeit. Ich führte die Motorradwerkstatt mit Yamaha-Vertretung und Esther führte den Laden und das Büro. Wir waren eines der ersten Geschäfte mitTöff-Kleidern und -helmen und organisierten viele Ausstellungen. Leider brannte unser Geschäft 1986 vollständig nieder, aber wir bauten es in Kürze wieder auf.
Du warst immer ein Entwickler, «Tüftler» und Trendsetter.
Ja, ich baute fast alle meiner Töffs selber und hatte dadurch auch immer einen gewissen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz. Viele schauten auf uns und wollten wissen, was und wie wir es machten.
Was machst du jetzt noch im Motorradsport, dem du ja immer erhalten geblieben bist?
Ich konnte es nicht sein lassen und wurde Teamchef in der neuen Sportart Supermotard mit bis zu 6 Fahrern. Ich baute wiederum unsere eigenen Motorräder und war an den Wochenenden zu den Rennen unterwegs. Also alles wie früher, aber zum Glück muss ich nicht mehr selber fahren! Mittlerweile ist unser Enkel Jay Colin Ingold eingestiegen und wurde in der Kategorie Youngster 85 CC bereits zweimal Schweizermeister (2021 und 2022), was mich natürlich sehr freut!
Am 8.8.haben nebst dir weitere Sportgrössen wie Roger Federer und Christoph Juchli Geburtstag. Welche Gemeinsamkeiten verbinden euch drei?
Ich denke es sind der grosse Ehrgeiz, der unbändige Siegeswille sowie Fleiss und Akribie.
Dein Leistungsausweis ist sehr beeindruckend! Herzlichen Dank Robert und Esther für die faszinierenden Karriereeinblicke!
Mit Robert und Esther Grogg sprach Bruno Eberhard